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Sonntag, 31. Juli 2016

30.07.2016 Durch den Ural zurück nach Europa



Wir durchqueren den Ural ca. 250km südlicher als auf der Hinfahrt, hier ist der Ural richtiges Gebirge, Berge mit Felswänden sind zu sehen, wenn es denn mal nicht gewittert. Bis Tscheljabinsk und ca. 60km danach läuft es super, trotz vielen Verkehrs kommen wir fast mit einem Schnitt von 80km/h voran, zum Teil auf vierspurigen Straßen. Aber am Ural beginnt der Ärger, an einer Brückenbaustelle stehen wir fast eine Stunde und für die Durchquerung des Urals, es sind 130km,  benötigen wir fünf Stunden. Steigungen mit langsam fahrenden Autos, nicht nur LKW, auch alte Moskwitsch und Lada quälen sich fast im Schritt die Berge hoch, auch Baustellen bremsen.  Baustellen gibt es massenhaft, Russland erneuert sein Straßennetz an allen Stellen fast gleichzeitig, hat man manchmal den Eindruck.

Alle Parkplätze im Ural sind vermüllt, die Dörfer weit weg von der Hauptstraße, so bleiben wir hinter dem Ural an einem Autohof stehen. Ein Hotel wird gebaut, der Bauherr, ein asiatischer Russe mit viel Gold im Mund, spendiert uns Wasser, wir ihm und seinen Bauarbeitern Bier. Und wir müssen uns auf seinem Tablet viele Familienbilder sowie ein Musikvideo anschauen, das seine Tochter samt Freundinnen zeigt, so verstehen es wir. Ein Bekannter wohnt sogar in Köln, darauf ist er anscheinend besonders stolz.

Unser Standort 54.833231N, 56.980984O

Samstag, 30. Juli 2016

29.07.2016 Ohne besondere Vorkommnisse weiter nach Westen



Es gibt wenig zu berichten, weil nichts Erwähnenswertes passiert ist. Die Landschaft des südlichen Sibiriens erinnert mich stark an Argentiniens Norden am Rio Parana, flach, baumlos und sumpfig. Nur die Temperaturen waren dort deutlich höher. 

Die russischen Zeitzonen verwirren uns, denn es ist uns oft nicht klar, in welcher wir sind. Heute Morgen beim Starten zeigten beide Handys (sie bekommen die Zeit über das GSM-Netz) die gleiche Zeit an, am Mittag dann war das Handy mit der russischen Karte eine Stunde hinter meinem mit der deutschen Karte. Auf das GPS-Gerät kann man sich überhaupt nicht verlassen, es hat die von Putin verordneten Veränderungen der Zeitzonen von 11 auf 9 noch nicht mitbekommen. 

In einem kleinen Ort etwas abseits der Hauptstraße bleiben wir stehen, die Polizei macht uns einen Besuch, einer der Männer spricht rudimentär deutsch, er war in Jena beim Militär. Er vermisst die Kultur, die er in Jena kennengelernt hat zu DDR-Zeiten.

Freitag, 29. Juli 2016

28.07.2016 Weiter durch die Taige nach Westen



Russland ist riesig, es sind noch über 4000km bis zur Grenze. Geradeaus geht es über viele hundert Kilometer durch die Taiga, nur Sonnenblumenfelder unterbrechen das stetige Grün. Kurz vor Omsk tanken wir mal wieder, an einer Tankstelle ist der Diesel besonders günstig, 27 Rubel, das sin 37 Cent. Gilt aber nur bei Barzahlung. Bei der Bezahlung kommen die extrem aufgebrezelte Kassiererin und Hans nicht miteinenander klar, ein Russe, der sehr gut Deutsch spricht, bereinigt die Situation. Es stellt sich heraus, er hat einen deutschen und einen russischen Pass, die Mutter ist, wie seine Frau auch, Deutsche, er lebt im Sommer in Russland bei seinem Vater und im Winter in Deutschland bei seiner Frau samt Kindern und Mutter in Lüdenscheid. Stolz berichtet er, seine Kinder sprächen neben Deutsch und Russisch auch noch Englisch. Sein Verstand sage ihm immer, bleibe in Deutschland aber sein Herz ziehe ihn immer wieder nach Russland, sagt er uns ein wenig traurig und stolz zugleich.

Omsk lohnt nicht, es ist eine gesichtslose Industriestadt, liegt am Zusammenfluss von Irtysch und Om, Nebenflüsse des Ob.Hinter Omsk biegen wir nach Nordwesten ab, die direkte Route führt durch Kasachstan. Das macht wenig Sinn, sich dem Grenzstress auszusetzten. Das sehen viele Russen ebenso, denn der Verkehr ist sehr dicht, selbst für unsere Verhältnisse. Ich hänge mich wieder hinter schnell fahrende LKW und so geht es mit knapp 90 Sachen durch die Taiga, die hier sehr sumpfig ist. 

So verzichten wir auch auf einen Übernachtungsplatz in der Natur, alle Wege dahin sind verschlammt und das Auto seit Omsk frisch gewaschen. Das hat 8 Euro und 2 Euro Trinkgeld gekostet. Das Trinkgeld haben die Wäscher bestimmt wörtlich genommen, so, wie die aussahen. Aber gewaschen haben sie gut.

Auf einem Parkplatz an einer Tankstelle in Tjukalinsk bleiben wir stehen. Es hat zu unserem Erstaunen kaum Mücken, so können wir im Freien essen und klönen. Neben uns fährt ein 5er BMW Kombi heran und parkt. Der Fahrer steigt aus, geht zum Kofferraum, holt dort Schuhe heraus und bringt sie seinem Mitfahrern, offensichtlich Frau, Tochter und Sohn. Ordentliche Menschen, denke ich. Dann beginnt betriebsame Hektik, die mich an einen Ameisenhaufen erinnert.   Am Ende dieses nur vordergründigen Durcheinanders liegen zwei Luftmatratzen aufgeblasen im Heck des Autos und auf einem kleinen Kocher auf dem Erdboden wird irgendetwas gebraten und gekocht. Alle essen aus der einen Pfanne und dann passiert es, alle vier, alles erwachsene Menschen, verschwinden im Heck des Autos zum Schlafen. Klappe zu, Licht aus und weg sind sie. Wir sind baff, wie können vier Erwachsene in einem Kombiheck, das maximal 130cm breit ist, schlafen? Können die sich kein Hotel oder wenigstens ein Zelt leisten?

Hans meint dazu trocken, den BMW sehen die Nachbarn, dass man sich kein Hotel leisten kann, sehen die Nachbarn nicht. 
   

Donnerstag, 28. Juli 2016

27.07.2017 Über den Ob in Richtung Westen



Der Morgen ist so grau und neblig, dass noch nicht mal die goldenen Verzierungen der Kirche glänzen. In der Nacht hat es mal wieder stark geregnet.

Ca. 150km vor Novosibirsk hängt dann ein beißender Gestank in der Luft, es riecht nach Waldbrand. Irmi wird mir später am Telefon erzählen, dass in Nordsibirien riesige Flächen brennen und ganz Sibirien unter einer Rauchglocke liegt.

An der Straße werden Pilze und andere Dinge verkauft, wir kaufen frische Pilze und einen Becher Himbeeren. Also wird es heute Abend Pilzpfanne geben, die Himbeeren naschen wir während der Fahrt.

In Novosibirsk sehen wir den Ob in seiner ganzen Mächtigkeit, trotz des mäßigen Wetters   segelt eine Schar Optimisten herum und Motorboote fahren. Denen scheint der Qualm nichts auszumachen, mir brennen die Augen.

Wir überqueren den Ob auf einer riesigen, ganz neuen Brücke und quälen uns dann durch den Großstadtverkehr. An einer Ampel geht es einem nicht schnell genug, er fährt eine längere Strecke über  den Fußweg, die Fußgänger müssen halt Platz machen. Auch das sind die Russen, manchmal rücksichtslos, insbesondere die, die sich für etwas halten.
Wammerl, für die Norddeutschen geräucherter Bachspeck, und Zwiebeln für die Pilzpfanne erstehen wir in einem Supermarkt. Die Kassiererin hat mindestens 150kg, quatscht mich auf Russisch voll, lacht und kräht mir dann ein fröhliches „Auf Wiedersehen“  hinterher.

Auf dem Weg nach Westen überholt mich ein Volvo Lkw mit hoher Geschwindigkeit, mindesten 100km/h und wird dann ein wenig langsamer, das ist für die nächsten 150km mein Pacemaker, ich bleibe schön in seinem Windschatten und so kommen wir flott voran. Geschwindigkeitsbegrenzungen interessieren ihn nicht, er kennt wahrscheinlich die Stellen, wo kontrolliert wird,  denn manchmal wird er langsamer.

In Kargat, einem kleinen Nest abseits der Hauptstraße finden wir einen ruhigen Übernachtungsplatz neben dem Friedhof, an dem sogar ein brauchbares, mobiles Internet vorhanden ist, das wir zum Skypen nutzen.

Dann wird gekocht, es gibt eine riesige Pilzpfanne, eigentlich viel zu viel, aber wir putzen es weg.

Ich spaziere ein wenig über den Friedhof und schaue auf die Grabsteine, alt werden die Leute hier nicht. Nur ein Grab eines Paares finde ich, wo beide über siebzig geworden sind. Viele sehr junge Menschen liegen hier, warum wohl, schlägt auch hier der Discotod zu? Auf fast allen Grabsteinen sind die Bilder der Verstorbenen und überall stehen Bänke und Tische herum direkt neben den Gräbern.

Die Mücken jagen mich ins Auto.

Mittwoch, 27. Juli 2016

26.07.2016 Den Katun entlang



Es ist sonnig, aber kühl, wir starten. Wir brauchen Wasser, das Problem sollte hier lösbar sein, denn  überall fließt Wasser. Wir sehen ein dickes Rohr unterhalb der Straße, aus dem Wasser läuft. Leute  füllen ihre Kanister. Wir fahren dorthin, ziehen Schuhe und Strümpfe aus, um die Gießkannen zu füllen. Aber das Wasser ist so kalt, dass wir aufgeben. Bei zwanzig Gießkannen, die aufzufüllen sind, würden uns die Füße abfallen.

An einem Bach fahren wir soweit heran, dass ich endlich die Gartenpumpe ausprobieren kann, die ich extra für diese Reise gekauft habe und sie funktioniert. Innerhalb weniger Minuten hat sie die fehlenden ca. 250ltr in unseren Wassertank gepumpt. Gut das Aufbauen ist ein wenig aufwendig, aber weniger Arbeit als mit der Gießkanne zu laufen, ist es allemal.

Wir fahren weiter durch das Tal, der Fluss wird immer breiter, mächtiger, Hans meint, der sibirische Fraser River, Fluss und Landschaft haben viel Ähnlichkeit mit dem berühmten Fluss, der in Vancouver ins Meer mündet. Und zeitweise riecht es auch nach Salbei wie am Fraser River. Er heißt jetzt Katun und ist einer der Quellflüsse des mächtigen Ob. 

Um die Verlandung des Aralsees zu verhindern, die Baumwollindustrie hat diesem in der Zwischenzeit den Garaus gemacht, wollte man unter Stalin den Ob nach Süden in den Aralsee umleiten. Die gewaltigen Erdbewegungen wollte man mittels Atomsprengungen bewältigen. Damit sollten auch die Macht und die Fähigkeiten der kommunistischen Menschen demonstrieret werden. Welch eine apokalyptische Idee,  welch ein Wahnsinn.

Es beginnt zu regnen und wir verwerfen die Idee, hier irgendwo noch einen Tag zu verbringen. Auch, weil es nun doch sehr touristisch ist mit dem üblichen Rummel, Kitsch und Tand. Die ersten Quads sind zu sehen und auf dem Fluss wird gerafftet.

Drei Mororräder überholen uns, es sind Josef, Mlado und Marko, die wir im Oasis kennen und schätzen gelernt haben, ein unerwartetses und ftreudiges Wiedersehen. Mlado und Marko sind wie wir auf dem Weg nach Novosibirsk, wir tauschen unsere Telefonnummern aus, mal sehen, veilleicht können wir ja noch den einen oder anderen Abend gemeinsam, verbringen.   

An einer Raststätte halten wir, ich brauche einen Kaffee und Hans zusätzlich einen Kuchen. Wir setzten uns an einen Tisch zu einem deutsch aussehenden Paar, es sind Sabine und Thomas aus Chemnitz. Sie sind mit ihren Fahrrädern unterwegs, sind samt Rädern bis Novosibirsk geflogen und haben dann das Altaigebirge erkundet. Wir tauschen unsere Reiseerfahrungen aus und sind einer Meinung, in Russland kann man gut reisen und die Menschen hier sind offen, freundlich und hilfsbereit. Es ist für sie der erste Regentag, das war in der Mongolei ganz anders. Jung sind die Beiden nicht mehr, aber unglaublich fit in Kopf und Körper.
In Srotski sehen wir ein Hinweisschild zu einer Sehenswürdigkeit, es ist eine wunderschöne Kirche, ruhig gelegen und mit einem großen Parkplatz. Das ist unser Übernachtungsplatz.
Nur wenige Kilomter von hier vereinigen sich Katun und Bija zum Ob.